Weitere Informationen finden Sie unter www.advisan.net

Innovatives Messverfahren: Die Korrelierte Partikelzählung

Die Luftkeimkonzentrationen an Arbeitsplätzen können in vielen Bereichen verfahrensbedingt innerhalb weniger Minuten um mehrere Zehnerpotenzen schwanken. An Arbeitsplätzen mit wirksamen Lüftungsanlagen sind die Schwankungen der Luftkeimkonzentrationen besonders stark ausgeprägt, da freigesetzte Mikroorganismen kurzfristig aus der Luft eliminiert und nicht aufkonzentriert werden. Die derzeit angewandten Messverfahren der BIA Arbeitsmappe 9420 & TRBA 405 geben die Luftbelastung nur integrierend, d.h. als Durchschnittswerte über die Messdauer wieder. Diese Verfahren haben Stichprobencharakter. Wichtige Informationen über den Verlauf der Luftbelastungen werden bei integrierenden Keimmessungen verfahrensbedingt nicht registriert. Damit kann es bei Arbeitsplatzmessungen mit diesen Verfahren immer wieder zu gravierenden Fehleinschätzungen und z.T. erheblichen Folgekosten kommen.

Die Erhebung repräsentativer Messdaten anhand von konventionellen Übersichtsmessungen gemäß den Vorgaben der TRBA / BIA ist besonders an Arbeitsplätzen mit hohem technischen Schutzniveau erschwert. Die Überprüfung einer technischen Schutzmaßnahme sollte hier mit Echtzeit-Keimmessverfahren durchgeführt werden, um den Erhalt zufallsbedingt hoher oder niedriger Messwerte ausschließen zu können. Verlaufskurven geben Informationen z.B. über den genauen Zeitpunkt des Auftretens von Keimemissionen und -immisionen an Arbeitsplätzen. Optimierungsmaßnahmen können daher gezielt und effektiv umgesetzt werden. – Beispielsfälle aus der Messpraxis

Der Nachweis von Mikroorganismen aus Luft gemäß der BIA Arbeitsmappe 9420 & TRBA 405 erfolgt über die Kultivierung der gesammelten Keime auf Nährmedien. Für die Praxis bei der Beurteilung der Situation am Arbeitsplatz durch Messungen weisen die kulturellen Nachweisverfahren folgende schwer wiegenden Nachteile auf:

  • Aussagen über die Belastung der Luft können aufgrund des langsamen Wachstums der Mikroorganismen erst einige Tage nach der Aufarbeitung der gesammelten Staubproben getroffen werden. Bis zum Vorliegen eines verbindlichen Messberichts eines Prüflabors ist in der Praxis mit einem längeren Zeitraum von Wochen zu rechnen, was z.B. für eine Justierung lüftungstechnischer Anlagen insuffizient ist.
  • Die Messergebnisse sind lediglich Mittelwerte über die Dauer der Messzeit, die normalerweise zwischen 10 bis 90 Minuten liegt. Wichtige Informationen über kurzzeitige Ereignisse wie z.B. die Höhe der Konzentrationen bei Belastungsspitzen werden nicht abgebildet.
  • Eine exakte Bestimmung der Konzentrationen luftgetragener Mikroorganismen mit Kultivierungsmethoden ist nicht immer gewährleistet. So wurden bei Parallelversuchen regelmäßig erhebliche Abweichungen festgestellt werden.
  • Kultivierungsverfahren sind mit hohen Kosten verbunden.
Verfahrensprinzip der Korrelierten Partikelzählung

An der Tierärztlichen Hochschule Hannover haben wir das Verfahren der „Korrelierten Partikelzählung“ zur kontinuierlichen Messung der Luftkeimkonzentrationen entwickelt. Das Messverfahren basiert auf dem festen statistischen Verhältnis zwischen den Konzentrationen der Keime einerseits und Staubpartikeln in Keimgröße andererseits. Bei der „Korrelierten Partikelzählung“ wird die Belastung der Luft mit Keimen aus der kontinuierlich gemessenen Konzentrationen an Staubpartikeln mit der Größe der untersuchten Mikroorganismen errechnet.

Für die Staubmessungen werden empfindliche Partikelzählgeräte eingesetzt, mit denen die Erfassung der Partikelzahl in 1-minütigen Intervallen in 15 Partikelfraktionen möglich ist. Zur Keimzahlmessung werden die Verfahren der BIA Arbeitsmappe 9420 & TRBA 405 benutzt. Das statistische Verhältnis zwischen luftgetragenen Mikroorganismen und Staubpartikeln wird durch lineare Regression der Befunde von 6 bis 10 zeit- und ortsgleich durchgeführten Staubpartikel- und Mikroorganismen-Messungen ermittelt. Diejenige Partikelfraktion, mit der das höchste Bestimmtheitsmaß bei der linearen Regression erhalten wurde, wird als so genannte „Leitfraktion“ für Mikroorganismen angesehen. Anhand der Steigungsgleichung der Regressionsgeraden werden Mikroorganismen-Konzentrationsverläufe mit 1-minütiger Taktung aus den kontinuierlich gemessenen Staubpartikel-Konzentrationen der Leitfraktion errechnet. – Beispielsfälle aus der Praxis

Ergebnisse aus der systematischen Forschung mit dem Verfahren

Nach langjährigen systematischen Untersuchungen u.a. in mehreren Forschungsvorhaben, die im Auftrag von Berufsgenossenschaften und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erfolgten, wurden von uns über 120 Messungen mit diesem Verfahren durchgeführt. Die Messungen wurden in den verschiedensten Bereichen der Abfallwirtschaft, an denen mit biologischen Arbeitsstoffen umgegangen wird, vorgenommen.

Für eine rasche Einschätzung der Luftbelastung vor Ort steht uns nun eine sehr große Datenmenge über die statistischen Abhängigkeiten von Staubpartikel- und Luftkeim-Konzentrationen im Bereich der Abfallwirtschaft zur Verfügung. Aussagen über die Höhe von Luftkeimkonzentrationen können ausschließlich auf der Basis der gemessenen Staubpartikel-Konzentrationen direkt vor Ort getroffen werden. In vielen Fällen können störende Emissionsquellen in Abfallbehandlungsanlagen bereits im Laufe einer orientierenden Staubpartikelmessung lokalisiert und Minderungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die systematische Forschung ergab bei wiederholter Beprobung derselben Anlage in den häufigsten Fällen sehr gut vergleichbare Keimgehalte im luftgetragenen Staub. Die Zusammensetzung der Bioaerosole ist bei ähnlichem Materialinput weitestgehend einheitlich. In vielen Bereichen der Abfallwirtschaft, wie z.B. in der Wertstoffsortierung und in trockenmechanischen Abfallaufbereitungsanlagen, sind die statistischen Verhältnisse von einer Anlage auf eine andere übertragbar. Stichpunktmessungen auf luftgetragene Mikroorganismen können somit durch kontinuierliche Staubpartikelmessungen ersetzt werden.

An vielen Arbeitsplätzen im Bereich der Abfallwirtschaft
können wir die Belastungssituation schon vor Ort aus
Staubpartikel-Konzentrationsverläufen einschätzen.

MISSEL, T. UND HARTUNG, J. (2002).
pdfNeues Verfahren zur On-line-Messung luftgetragener Keime.

VDI-Berichte Nr. 1656: Neuere Entwicklungen bei der Messung und Beurteilung der Luftqualität 2002., Seite 313-328

 

MISSEL, T., HARTUNG, J. UND SCHAPPLER-SCHEELE, B. (2002).
pdfKorrelierte Partikelzählung zur Bestimmung von luftgetragenen Schimmelpilzen in Abfallbehandlungsanlagen.

In: Wiemer, K. und Kern, M. (Hrsg.): Bio- und Restabfallbehandlung VI, Mic. Baeza-Verlag Witzenhausen,
ISBN 3-928673-38-6, 1. Auflage 2002, S. 341 – 364

 

MISSEL, T. UND HARTUNG, J. (2002).
pdfDie Korrelierte Partikelzählung als indirektes Messverfahren für luftgetragene Mikroorganismen an Arbeitsplätzen.
In: Tagungsband der Frühjahrstagung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
Dortmund / Berlin 06/2002 in Vorbereitung