Schimmelpilze am Arbeitsplatz messen: Technischer Kontrollwert/TKW

Was ist ein Technischer Kontrollwert / TKW?

Schimmelpilze am Arbeitsplatz messen: Welche Grundlagen zur Arbeitsplatzbewertung beim Umgang mit biologischen Arbeitsstofen gibt es? Mit Erscheinen der TRBA 214 „Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft“ 2007 gibt es erstmals einen Technischen Kontrollwert (TKW) für Schimmelpilze zur Beurteilung der Wirksamkeit einer technischen Schutzmaßnahme. Der TKW liegt bei 5,0 x 104 (= 50.000) Koloniebildenden Einheiten (KBE) Schimmelpilze /m3 und  gilt wohlgemerkt nur für Arbeitsplätze in der Abfallwirtschaft. Der TKW ist ein erfahrungsbasierter Zielwert, wobei er an der Leistungsfähigkeit modernerer Belüftungsanlagen ausgerichtet ist. Er wurde mittels statistischer Verfahren aus vielen Erfahrungswerten verschiedener Prüfinstitute – darunter das Labor für Arbeits- und Umwelthygiene – abgeleitet. Der TKW ist also nicht als gesundheitsbasierter Wert im Sinne eines „echten Grenzwertes“ z.B. für ein Genehmigungsverfahren zu verstehen (Lit.).

Welche Probleme treten bei einer TKW-Überprüfung auf?

Die messtechnische Überprüfung einer Schutzmaßnahme auf Einhaltung des TKW ist in der Praxis nicht ganz so einfach, wie es zunächst ausschaut. Die anlagenbetriebsbedingte Freisetzung von Schimmelpilzen im Schichtverlauf ist in Abfallbehandlungsanlagen generell beträchtlich. Deshalb können Messergebnisse von ein- und demselben Arbeitsplatz sehr unterschiedlich ausfallen. Deshalb muss der Zeitpunkt einer messtechnischen Bestandsaufnahme zur Sicherstellung der Realitätsnähe und Repräsentativität sehr gut gewählt sein. Beachtenswerterweise sind die Schwankungen der momentanen Schimmelpilzbelastung an technisch belüfteten Arbeitsplätzen nach den Erfahrungen besonders groß. Wobei grundsätzlich zu sagen ist, dass Schwankungen der Schimmelpilz-Konzentrationen umso stärker ausgeprägt sind, je höher die Effektivität einer Lüftung ist (siehe auch: https://www.schimmelpilz-messungen.de/korrelierte-partikelzaehlung/). Eine Wirksamkeitsbeurteilung anhand stichpunkthafter Schimmelpilzmessungen ist bei sehr leistungsstarken Lüftungen daher besonders schwierig und enorm fehleranfällig.

Wie werden die messtechnischen Probleme gelöst?

Das Labor Dr. Missel verfügt mit dem Messverfahren der Korrelierten Partikelzählung über das optimale Instrument zur Feststellung und Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer technischen Schutzmaßnahme wie z.B. die Lüftung in einer Sortierkabine oder in einem Radlader. Stark zerklüftete, genauer gesagt: von kurzzeitigen Konzentrationsspitzen geprägte Verläufe ohne nennenswerte Belastungsplateaubildungen belegen einen schnellen Abtransport freigesetzter Staubpartikel und eine hohe Leistungsfähigkeit einer Lüftungsanlage. Sobald bei einer messtechnischen Überprüfung der Nachweis gelingt, dass Konzentrationsspitzen an technisch belüfteten Arbeitsplätzen ausschließlich durch die Arbeitsorganisation bedingt sind, kann sich der Untersucher der technischen Schutzmaßnahme von dem Kontrollwertkonzept der TRBA 214 (TKW) lösen. Die Leistung einer Lüftungsanlage darf er in diesem Fall ungeachtet der Höhe der Schimmelpilz-Spitzenbelastungen positiv beurteilen.

Beispielfall für Schimmelpilze am Arbeitsplatz messen:

Ein Beispielfall ist unsere Radladerüberprüfung in einem Kompostwerk, wobei die „traditionelle“ Schimmelpilzmessung am Arbeitsplatz nach TRBA / IFA ein Messergebnis deutlich größer 5,0 x 104 KBE/m3 und damit eine TKW-Überschreitung ergab. DieVerlaufskurve der Schimmelpilz-Konzentrationen belegt allerdings, dass am Arbeitsplatz in der Fahrerkabine ausschließlich kurzzeitige Konzentrationsspitzen auftreten und die Kabinenbelüftung auch einer Belastungsplateaubildung im gesamten Schichtverlauf effektiv entgegenwirken kann. Die Schimmelpilz-Konzentrationsspitzen im Führerhaus fielen zeitlich exakt mit dem Öffnen der Fahrertür in hoch belasteten Arbeitsbereichen zusammen. Die Kabinenlüftung wurde aufgrund der Lüftungskenndaten ungeachtet einer TKW-Überschreitung im Gutachten als „sehr gut wirksam“ bewertet. Die ungeachtet dessen erforderlichen Maßnahmen zur Reduzierung der Schimmelpilz-Immissionen im Führerhaus konnten aber auf Organisatorisches begrenzt werden.

 

 

Schimmelpilze am Arbeitsplatz messen: Verlaufskurve Arbeitsplatzbelastung

Schimmelpilze am Arbeitsplatz messen: Verlaufskurve Arbeitsplatzbelastung

Bild: Wirksamkeitsüberprüfung der Kabinenlüftung in einem Radlader: Durch die Kombination kontinuierliche Schimmelpilzmessung / laufende Luftfeuchtigkeitsmessung wird zwar ein organisatorischer Mangel belegt. Zeitweise Überschreitungen des TKW werden aber alleine durch das Öffnen der Fahrerkabinentür hervorgerufen. Maßnahmen müssen lediglich auf die Beseitigung „organisatorischer Defizite“ ausgerichtet werden, aufwendige technische Nachbesserungen oder Umrüstungen und Wiederholungsmessungen können trotz deutlicher TKW-Überschreitung entfallen.

 

Literatur:

Anonym: Bek. des BMA vom April 2007, Ausgabe September 2013: Die TRBA 214. Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft. Bundesarbeitsblatt

MISSel, T. und Felten, C. (2006). Wirksamkeitsüberprüfung Technischer Schutzmaßnahmen in der Abfallwirtschaft mit der Korrelierten Partikelzählung. Ergo-Med Nr. 3 06/2006, S. 84-89

Felten, CF., Albrecht, A., Missel, T. und Willer, E. (2006). Schimmelpilzkonzentrationen an Arbeitsplätzen in Kompostierungsanlagen im Vergleich zum technischen Kontrollwert der TRBA 211.  Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 1081, 2007, ISBN-10: 3-86509-593-3, ISSN 1433-2086