Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft und Entsorgung

Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft

Arbeitnehmer in der Abfallwirtschaft und Entsorgung sind vielerorts teils hohen Belastungen durch Schimmelpilze in der Luft ausgesetzt. Bei Exposition gegenüber hohen Schimmelpilz-Konzentrationen sind Beeinträchtigungen der Gesundheit möglich. Nach Biostoffverordnung handelt es sich bei der beruflichen Handhabe von Abfällen um einen nicht gezielten Umgang mit so genannten biologischen Arbeitsstoffen. Für jede Tätigkeit, bei der biologische Arbeitsstoffe freigesetzt und eingeatmet werden können, müssen die Art, die Höhe und die Dauer der Exposition der Beschäftigten eingeschätzt werden können. Liegen hierzu keine Informationen vor, muss der biologische „Gefahrstoff“ gemessen werden. Das Labor Dr. Missel (Hannover) informiert mit diesem Beitrag über Schimmelpilze in Anlagen zur Abfallbehandlung und geeignete Verfahren zur Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft.

Ungleichmäßige Schimmelpilzfreisetzung in der Abfallwirtschaft

In Abfallbehandlungsanlagen kann es von großer Bedeutung sein, Häufigkeit und Dauer von prozessbedingten Konzentrationsspitzen zu kennen Die Belastungen mit Schimmelpilzen können – zumindest kurzzeitig – bis in die Größenordnung von 108 (10 Millionen) Koloniebildenden Einheiten pro Kubikmeter Luft (KBE/m3) reichen. Bei derart hohen Luftbelastungen kann es bekanntermaßen spontan zur Auslösung von Allergien und anderen Krankheiten wie Intoxikationen (ODTS) oder Entzündungen der Atemwege (EAA) kommen.

Weshalb ist die Schimmelpilzbelastung so variabel?

Die Freisetzung von Schimmelpilzen in die Luft unterliegt an den meisten Arbeitsplätzen in der Abfallwirtschaft enorm großen Schwankungen. Dies erklärt sich schon alleine dadurch, dass die Verfahren zur Abfallaufbereitung und -vearbeitung im Regelfall diskontinuierlich ablaufen. So werden viele besonders staubträchtige Arbeitsschritte mittels mobiler Maschinen verrichtet, die Material hier aufnehmen und andernorts wieder abwerfen. Dies erzeugt pilzbelastete Staubwolken (so genannte Bioaerosole), die auch viele Bakterien enthalten können.

Neben verfahrensbedingten Emissionsspitzen, die es z.B. auch beim Schreddern der Abfälle oder dem Entladen von Müllsammelfahrzeugen gibt, entstehen Schwankungen der Luftbelastungen in der Abfallbehandlung durch den variablen Pilzgehalt der gerade verarbeiteten Abfälle. Hinzu kommt die unregelmäßige Verteilung der in die Luft übergegangenen Schimmelpilze und Bakterien durch Luftbewegungen. Dies kommt insbesondere in Anlagen mit offener Bauweise wie z.B. in einem Kompostwerk zum Tragen. Aber auch in baulich vollig geschlossenen Anlagen sind bei Durchzug über geöffnete Hallentore regelmäßig sehr weit streuende Messbefunde möglich.

Schimmelpilze On-Line messen ist die Lösung

In der Abfallbehandlung können Schimmelpilz-Konzentrationen in der Luft binnen weniger Minuten um mehrere Zehnerpotenzen variieren. Die sehr ungleichmäßige Schimmelpilzfreisetzung erschwert die Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft enorm. Wünschenswert sind Messverfahren, mit denen die Belastungssituation kontinuierlich und On-line gemessen werden kann.

Schimmelpilz-Messung nach TRBA und IFA

Zum Schutz der Arbeitnehmer vor Biologischen Arbeitsstoffen werden in Facharbeitskreisen technische und betriebsorganisatorische Schutzmaßnahmen erarbeitet und in so genannten Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) veröffentlicht https://www.schimmelpilz-messungen.de/2017/06/22/schimmelpilze-am-arbeitsplatz-messen-und-technischer-kontrollwert/. Die bei der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft und Entsorgung anzuwendenden Messverfahren und die Messstrategien sind in einer TRBA geregelt. Analog gibt es die IFA-Arbeitsmappen z.B. IFA Nr. 9420 für die Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft. Zum Nachweis von Schimmelpilzen in der Luft gemäß TRBA/IFA werden traditionelle Kulturverfahren benutzt.

Bild 1: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft - Actinomyceten in Kultur

Bild 1: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – Actinomyceten in Kultur

 

Bild 2: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft - Schimmelpilze in Kultur

Bild 2: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – Schimmelpilze in Kultur

Die Kultivierung auf Agar hat große Nachteile

Die Kultivierung auf Agar ist zwar relativ einfach. Bei der Arbeitsplatzmessung und der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft ist sie jedoch mit gravierenden Nachteilen behaftet. Zum einen sind diese Nachweisverfahren ziemlich zeit- und materialaufwendig und deshalb teuer. Darüber hinaus sind sie noch relativ ungenau: Letztendlich liegen die Abweichungen der Methoden nach TRBA / IFA  nach den Ergebnissen von Ringversuchen bei Parallelmessungen im Bereich von drei bis fünf (Lit.). Eine Einschätzung der Höhe der Luftbelastung direkt vor Ort ist nicht möglich, überdies liegen Messergebnisse im Labor liegen frühestens nach 5 bis 7 Tagen vor.

 

Bild 3: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft - Messverfahren nach TRBA / IFA

Bild 3: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – Messverfahren nach TRBA / BGIA / IFA

Zur Feinjustierung z.B. einer Lüftung bei der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft leistet ein direktanzeigendes Messverfahren, das Schwachstellen sofort lokalisiert und die Auswirkung auf die Luftbelastung am Arbeitsplatz dokumentiert, sehr viel bessere Dienste. Auch für die Arbeitsmedizin kann ein On-line-Messverfahren für Schimmelpilze eine große Hilfe sein. Dies, wenn es die hohen Konzentrationsspitzen erfasst und deren Auftreten im Schichtverlauf Arbeitsbereichs-spezifisch dokumentiert.

Technischer Kontrollwert (TKW) der TRBA 214

In der TRBA 214 wurde für Arbeitsplätze in der Abfallwirtschaft ein Technischer Kontrollwert (TKW) zur Überprüfung der Wirksamkeit technischer Schutzmaßnahmen festgeschrieben. Der TKW liegt bei 5,0 x 104 KBE/m3. Zur Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft und Entsorgung sind vorgenannte kulturelle Verfahren bei der Überprüfung des TKW vorgesehen.

Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – Messverfahren KPZ

Das vom Labor Dr. Missel in Hannover Ende der 90er Jahre entwickelte und seitdem angewendete Verfahren der „Korrelierten Partikelzählung“ (KPZ) ist das optimale Instrument zur Darstellung der Schimmelpilze-Konzentrationen am Arbeitsplatz in Verlaufsform. Verfahrensprinzip der „Korrelierten Partikelzählung“ ist, Schimmelpilz-Konzentrationen unter Benutzung eines festen Umrechnungsfaktors aus optisch und On-line gemessenen Staubpartikel-Messwerten zu errechnen. Für eine sofortige Bestimmung der Schimmelpilz-Konzentrationen in der Abfallwirtschaft im Geschehen vor Ort steht dem Labor für Arbeits- und Umwelthygiene nach nunmehr fast 20 Jahren Untersuchungen eine enorme Datenmenge zur Verfügung. Es hat sich schon früh gezeigt, dass die statistischen Beziehungen zwischen luftgetragenen Schimmelpilzen und Staubpartikeln bestimmter Größe („Korrelationen“) in der Abfallwirtschaft längere Zeit konstant sind. Überdies sind sie von einer Anlage auf die andere übertragbar. Aufgrund dieser Gegebenheiten kann bei der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft und Entsorgung die Schimmelpilz-Konzentration vom Labor Dr. Missel bereits vor Ort anhand der Staubpartikel-Messwerte angegeben werden.

Welche Vorteile bietet die Korrelierte Partikelzählung noch?

Traditionelle Messungen gemäß TRBA / IFA werden bei einer Gefährdungsbeurteilung durch das Labor Dr. Missel grundsätzlich mitgeführt. Dies nicht zuletzt, um die Vorgaben der TRBA 214 und / oder behördliche Vorgaben zu erfüllen und eine Messdateneinordnung in den großen zur Verfügung stehenden Datenpool zu ermöglichen. Bei der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft sind mit der KPZ auch als ergänzendes Messverfahren große Vorteile gegeben. Beispielsweise an Arbeitsplätzen, wo die Momentbelastung maßgeblich von der Betriebsorganisation und der Funktionsweise der Lüftungstechnik bestimmt wird und sehr stark schwankt. Kurzum dort, wo die traditionelle Kultivierung anfällig für schwer wiegende Beurteilungsfehler ist. Optimal einsetzbar ist die KPZ in belüfteten Maschinen wie Radladern oder in Steuerständen.

Bild 4: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft - Messbeispiel Korrelierte Partikelzählung

Bild 4: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – Messbeispiel Korrelierte Partikelzählung

Zum Messbeispiel im Bild 4:

Das Bild 4 zeigt die Ergebnisse der Messungen an zwei Tagen des Jahres 2001 in ein- und derselben Sortierkabine. Die Schimmelpilzbelastungen fallen an beiden Tagen sehr unterschiedlich aus. Die Analyse der Verlaufskurven belegt, dass nicht unterschiedliche Betriebsbedingungen in der Anlage wie z.B. unterschiedliche Schimmelpilzgehalt in den Abfällen oder andere Materialdurchsätzedass dafür verantwortlich sind. Stattdessen hatte schlicht die Leistung der Kabinenlüftung objektiv nachgelassen. Konkret waren am 2. Messtag die Filtermatten der Zuluftanlage verstaubt, wodurch der Zuluftdurchsatz nachteilig verringert war. Siehe auch https://www.schimmelpilz-messungen.de/korrelierte-partikelzaehlung/

 

Bild 5: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft - 2. Messbeispiel Korrelierte Partikelzählung

Bild 5: Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft – 2. Messbeispiel Korrelierte Partikelzählung

Zum Messbeispiel im Bild 5:

Das Bild 5 zeigt den gegenteiligen Fall zu Bild 4: Die großen Konzentrationsschwankungen in dieser Sortierkabine (obere Bildhälfte) stehen unmittelbar mit Schwankungen der Schimmelpilzbelastung in der umgebenden Hallenluft in Zusammenhang. Dadurch wird ein nachteiliger Eintrag von Schimmelpilzen aus der Halle in die Kabine belegt. Abdichtungsmaßnahmen an der Kabine wurden empfohlen, was sich aufgrund der erfolgreichen Kontrollmessung nach der Umsetzung als richtig erwies.

Zusammenfassung

Die hohe Transparenz beim Nachweis der Effektivität einer technischen Schutzmaßnahme erlaubt eine Entkoppelung der gutachterlichen Arbeitsplatzbewertung vom TKW. Zufallsbefunde bei der Schimmelpilz-Messung in der Abfallwirtschaft sind durch Messung der Verlaufskurven der Schimmelpilzbelastung ausgeschlossen. Optimierungsvorschläge können noch während eines Ortstermins ausgetestet und bei Erfolg in die schriftliche Arbeitsbereichsanalyse eingearbeitet werden. Die Analyse in schriftlicher Form kann auf Wunsch von dem Mitarbeiter vor Ort erstellt und ausgehändigt werden. Dieser Ansatz im technischen Arbeitsschutz wird von Versicherungsträgern wie z.B. der BG Verkehr unterstützt. Die Arbeitsbereichsanalyse wird transparent und dadurch leicht nachvollziehbar ausgeführt, so dass auch Aufsichtsbehörden sie anerkennen können.