Schimmelpilze messen und Schimmel in der Umwelt
Vorkommen von Schimmelpilzen
Dieser Beitrag des Labor Dr. Missel in Hannover informiert über das Vorkommen von Schimmelpilzen im alltäglichem Umfeld des Menschen. Er zeigt auf, wo man überall Schimmelpilze messen kann. Schimmelpilze gehören bekanntermaßen wie Bakterien zu den Mikroorganismen und kommen als Zerstörer organischen Materials deshalb überall in der Natur vor. Entsprechend sind sie auch in der Luft immer und überall nachweisbar. Das Immunsystem des Menschen wird folglich nicht nur in Wohnräumen, sondern auch in der Außenluft ständig mit Schimmelpilzen konfrontiert.
Der weit überwiegende Teil der normalerweise in der Luft enthaltenen Schimmelpilze stellt für den Menschen im Grunde genommen keine besondere Gesundheitsgefahr dar. Im Falle dauerhaft erhöhter Konzentrationen in der Luft indes oder aber bei verminderten Abwehrkräfte und besonderer Empfindlichkeit gegen Umweltstoffe können aber auch üblicherweise als „ungefährlich“ einzustufende Schimmelpilze Risiken bergen und die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen.
Konzentrationen von Schimmelpilzen in der Luft außen
Die Verbreitungseinheiten von Pilzen, die Pilzsporen, verbreiten sich über die Luft, wobei die natürliche Umgebungsluft Pilzsporen in sehr unterschiedlichen Konzentrationen enthält. In Frühsommer bis Herbst, wenn das Nährstoffangebot für Pilze am höchsten ist und die Sporenbildung einsetzt, findet man infolgedessen außen die höchsten Schimmelpilz-Konzentrationen. Dann kann man in der natürlichen Außenluft 1.000 bis 10.000 Koloniebildende Einheiten pro Kubikmeter Luft (KBE) /m3 oder mehr Schimmelpilze messen.
Das Labor Dr. Missel in Hannover konnte bei eigenen Untersuchungen in trockenen Frühsommern direkt nach Platzregenereignissen in der Außenluft oft Cladosporium-„Schwärzepilze“ und Hefen von 50.000, in Ausnahmefällen sogar 100.000 KBE/m3 Schimmelpilze messen. Demgegenüber erreichen Schimmelpilze in Außenbereichen wegen der insgesamt stark reduzierten biologischen Aktivität in der Natur meist nur Konzentrationen in der Größenordnung von wenigen 100 KBE/m3 oder sogar weniger. Im Jahresdurchschnitt liegen die Schimmelpilz-Konzentrationen in der Außenluft bei etwa 1.000 bis 2.000 KBE/m3.
Konzentrationen von Schimmelpilzen in pilzbefallenen Innenräumen
Zum Vergleich: In einer „normal bewohnten“ Wohnung mit großflächigem Schimmelbefall an Wänden kann man im Regelfall höchstens 1.000, in äußerst schwer befallenen Innenräumen in Ausnahmefällen 10.000 KBE/m3 „befallstypische“ Schimmelpilze messen. Schimmelpilze messen in Konzentrationen von 10.000 bis 100.000 KBE/m3 wird man in Wohnräumen gleichwohl nur während oder direkt nach einer umfassenden handwerklichen Schimmelbeseitigung. Zu gesundheitlichen Wirkungen der „befallstypischen“ und „natürlichen“ Schimmelpilze lesen Sie mehr unter https://www.schimmelberatung-niedersachsen.de
Verrottende organische Materialien wie z.B. Laub, Kompost, Papierabfälle oder Biomüll können extrem hoch mit Schimmelpilzen belastet sein. Darunter sind dann häufig auch gesundheitlich bedenklichere (infektiöse und / oder besonders stark sensibilisierend wirkende) Spezies. Bei Tätigkeiten wie z.B. der Laubsammlung mit Laubsaugern, der Entleerung von Müllsammelgefäßen in Abfallbehälter oder bei der landwirtschaftlichen Bodenbearbeitung, aber auch in zu feuchten Aktenlagern kann der Mensch dann u.U. entsprechend hoch belastet werden. Nicht selten kann man hier Expositionen von 10.000 bis 100.000 KBE/m3 oder mehr Schimmelpilze messen.
An Biotonnen Schimmelpilze messen: Ergebnisse aus der Forschung
Das Labor für Arbeits- und Umwelthygiene in Hannover hat in Zusammenarbeit mit dem Witzenhausen-Institut im Zeitraum 2001 / 2002 neun verschiedene Bioabfallbehälter-Typen unterschiedlicher Hersteller eingehend hinsichtlich der Höhe der Pilzsporen- und Bakterienfreisetzung während der Benutzung durch den Bürger untersucht. Zur Anwendung kam dabei übrigens das Messverfahren der Korrelierten Partikelzählung nach Missel https://www.schimmelpilz-messungen.de/korrelierte-partikelzaehlung. Die lufthygienischen Untersuchungen ergaben bei einigen Tonnen hohe Luftbelastungen bis in den Bereich 1 Million bis 10 Millionen KBE/m3, wobei die Luftkeimflora sehr deutlich von Schimmelpilzen dominiert war.
Bei der Mehrzahl der bemessenen Biotonnen konnte man Konzentrationen im Bereich von 100.000 bis 1 Million KBE/m3 emittierte Schimmelpilze messen. Die Konzentrationen luftgetragener Bakterien lagen dabei ein bis zwei Größenordnungen unter denen der Schimmelpilze. Keimfreisetzungen aus geschlossenen Biotonnen haben wir allerdings nicht nachweisen können. Ebenso führte das Öffnen des Deckels bei keiner Biotonne zu einem bedeutenden Austritt von Schimmelpilzen und / oder Bakterien. Das Zuklappen des Tonnendeckels nach einem Füllvorgang demgegenüber bewirkt die Komprimierung der mit gut schwebfähigen Sporen angereicherte Tonnenluft, die folglich dann aus den Tonnen verdrängt wird. Hieraus resultieren dann die an den Tonnen gemessenen Konzentrationsspitzen (siehe das unten stehende Bilde 3).
Wie kann man sich vor Schimmelpilzen an Biotonnen schützen?
Der Benutzer einer Abfalltonne schützt sich gut bereits dadurch, dass er für die Dauer des Befüllens einer Biotonne das Atemzugvolumen möglichst niedrig hält. Nach unseren Untersuchungsergebnissen können Gesundheitsgefährdungen durch Schimmelpilze und Bakterien, die geschlossene Biotonnen eventuell ausstoßen, ausgeschlossen werden. Biotonnen sollten aber möglichst im Freien an einem schattigen Standort aufgestellt und dort auch befüllt werden.
Gibt es eine Gesundheitsgefährdung durch Pilze in Biotonnen?
Ein gegenüber Restmülltonnen erhöhtes Risiko an Allergien, z.B. gegenüber Schimmelpilzen, zu erkranken besteht nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Durch Toxine ausgelöste Krankheiten beim Benutzer einer Biotonne sind aufgrund der ohnehin relativ kurzen Expositionsdauer ebenso wenig wahrscheinlich. Eine besonders hohe Infektionsgefahr durch obligat pathogene Mikroorganismen gibt bei der Benutzung von Biotonnen ebenfalls nicht, da u.U. gefährliche Viren oder Bakterien wie Salmonellen nicht nur in Biomüll, sondern ebenso auch in Restabfällen enthalten sein können. Pathogene Mikroorganismen stellen für den Benutzer von Biotonnen ohnehin keine größere Gesundheitsgefahr dar, sofern direkter Hautkontakt mit den Abfällen in den Behältern vermieden wird.
Gibt es überhaupt Krankheitserreger in Biotonnen?
Im Hinblick auf die Freisetzung fakultativ pathogener – das heißt anders ausgedrückt „gegebenenfalls krankmachender“ – Mikroorganismen sind Bioabfälle allerdings definitiv kritischer zu bewerten als Restabfälle. In Bioabfällen kann es zu einer erheblichen Vermehrung potenziell infektiöser Aspergillus-Schimmelpilze kommen. Im Vordergrund Aspergillus fumigatus, der als eindeutig infektiös eingestuft ist. Das Auftreten dieser Schimmelpilz-Spezies in relevanten Konzentrationen ist allerdings nur im Hochsommer zu erwarten.
Im Falle einer ausgeprägten Schwächung der Infektabwehr können die fakultativ pathogenen Schimmelpilze Erkrankungen z.B. der Lunge auslösen. Gefährdet sind jedoch nur Personen mit vorerkrankter Lunge oder mit einer Immundefizienz, beispielsweise nach schweren operativen Eingriffen. Erkrankte Personen sollten sich generell so weit wie möglich vor hohen Konzentrationen an luftgetragenen Mikroorganismen schützen und auch Biotonnen nicht benutzen. Personen, die bereits Allergien gegenüber Schimmelpilzen entwickelt haben, sollten Biotonnen und Restabfalltonnen gleichermaßen meiden.
Schimmelpilze messen in Konzentrationen von wenigen hundert Sporen je Kubikmeter Luft bedeutet, dass in diesem Umfeld schon allergische Reaktionen bei entsprechend gegen Pilze sensibilisierten Menschen ausgelöst werden können. Diese Konzentrationen wurden gleichwohl bei allen Schimmelpilz-Messungen an den verschiedenen Biotonnen-Typen immer deutlich überschritten.
Veröffentlichungen von Dr. Thomas Missel (Hannover) zum Thema
Missel, T., Hartung, J., und Schappler-Scheele, B. (1997). Fungal spores and actinomycetes in the working environment of biocompost plants. 9th International Congress in Animal Hygiene, Helsinki 1997, Proceedings p. 646 – 649
Missel, T., Hartung, J., und Schappler-Scheele, B. (1997). Keimemission in Biokompostieranlagen. 4. Simpozij iz higiene okolja in DDD dejavnosti, Veterinarska fakulteta v Ljubljani 1997, S. 46 – 49
Missel, T., Hartung, J., und Schappler-Scheele, B. (1998). Keimemission an Arbeitsplätzen in Biokompostieranlagen. In: Proceeding Fachtagung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG), 25./26. 03. 1998, München, 75-102.
Hartung, J., Schappler-Scheele, B., Schürmann, W., Missel, T., Benning, C. und Weber, J. (1998). Arbeitsmedizinische Untersuchungen und Befunde bei Arbeitnehmern in Kompostwerken. In: Proceeding Fachtagung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG), 25./26. 03. 1998, München, 153-175
Hartung, J., Missel, T. und Schappler-Scheele, B. (1998). Lufthygienische Messungen an Arbeitsplätzen von Kompostwerken – Methodik und Ergebnisse. In: K. Wiemer und M. Kern (Hrsg.): Bio- und Restabfallbehandlung II. M.I.C. Baeza Verlag, Witzenhausen, 1998, 269-290
Veröffentlichungen von Dr. Thomas Missel (Hannover) zum Thema
Schappler-Scheele, B., Hartung, J., Schürmann, W., Missel, T., Benning, C. und Weber, J. (1998). Untersuchung der gesundheitlichen Gefährdung von Arbeitnehmern der Abfallwirtschaft in Kompostieranlagen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 844, 1999, ISBN 3-89701-357-6, ISSN 1433-2086
Schappler-Scheele, B. und Missel, T. (1998). Gefährdungsanalyse von Keimemissionen in Kompostieranlagen und arbeitsmedizinische Relevanz für die Praxis – Ergebnisse einer Untersuchung in 42 Biokompostieranlagen. In: Wiemer, K. und Kern, M. (Hrsg.): Bio- und Restabfallbehandlung III, Mic. Baeza-Verlag Witzenhausen, ISBN 3-928673-29-7, 1. Auflage 1999, S. 223-252
Missel, T. (1999): Biologische und physikalische Charakterisierung luftgetragener Partikel an Arbeitsplätzen in der Abfallwirtschaft. Diss. Fachbereich Biologie der Universität Hannover
Göttlich, E., Beck, E.-M., Böhm, R., Danneberg, G., Gerbl-Rieger, S., Hofmann, R., Koch, A., Kühner, M., Kummer, V., Liebl, K., Missel, Th., Neef, A., Palmgren, U., Rabe, R., Schilling, B., Tilkes, F. und Wieser, P. (1999). Erfassung von luftgetragenen kultivierbaren Mikroorganismen aus Kompostierungsanlagen – Emission und Immission. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 59, Springer – VDI Verlag 6/1999: S. 209 – 218
Missel, T. (2000). Keim- und Staubbelastung von Müllwerkern bei der Abfallsammlung. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 60, Springer – VDI Verlag 4/2000: S. 150-157
Veröffentlichungen von Dr. Thomas Missel (Hannover) zum Thema
Bünger, J., Schappler-Scheele, B. und Missel, T. (2002). Bewertung der Gesundheitssituation in Kompostwerken – Ergebnisse einer 5-Jahresstudie in 42 Kompostierungsanlagen. In: Wiemer, K. und Kern, M. (Hrsg.): Bio- und Restabfallbehandlung VI, Mic. Baeza-Verlag Witzenhausen, ISBN 3-928673-38-6, 1. Auflage 2002, S. 365 – 380
Küppers, M., Missel, T. und Felten, C. (2002). Microbiological exposure of workers in waste sorting plants: new ways of assessment and reduction. In: The Future of Waste Management in Europe. Tagungsband des Kongress von VDI Gesellschaft GVC / DECHEMA e.V., Straßburg 09/2002, s. 231 – 234
Bünger, J., Schappler-Scheele, B., Missel, T., Hilgers, R., Kämpfer, S., Felten, C., Leifert, I. und Hasenkamp, P (2003). Gesundheitsrisiken in Kompostierungsanlagen durch biologische Arbeitsstoffe: Ein 5-Jahres-Follow-up. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 993, 2003, ISBN 3-86509-025-7, ISSN 1433-2086
Felten, CF., Albrecht, A., Missel, T. und Willer, E. (2006). Schimmelpilzkonzentrationen an Arbeitsplätzen in Kompostierungsanlagen im Vergleich zum technischen Kontrollwert der TRBA 211. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 1081, 2007, ISBN-10: 3-86509-593-3, ISSN 1433-2086
Bünger, J., SCHÖNEICH, R., Felten, C., WILLER, E. und Missel, T. (2010). Gesundheitsrisiken in Kompostierungsanlagen durch biologische Arbeitsstoffe: Ein 10-Jahres-Follow-up. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, In Vorbereitung