Schimmeltest, Schimmel und Gesundheit: Aspekte bei Schimmelbefall in der Wohnung
1. Schimmel und Gesundheit: Wirkung von Schimmelpilzen
1.1 Schimmel und Gesundheit: Sensibilisierende Wirkungen
Bei Fragen zu Schimmel und Gesundheit und der umwelthygienischen Bewertung von Schimmelpilzen beim Schimmeltest iin der Wohnung stehen sensibilisierende (= „allergisierende“) Wirkungen eindeutig im Vordergrund. Infektiöse und / oder humantoxische Schimmelpilze können bei Schimmelbefall in der Wohnung i.d.R. nicht zum Wachstum kommen. Allergische Reaktionen, wie z.B. Schnupfen oder Bronchialasthma, sind in der Bevölkerung sehr weit verbreitet. Der Großteil der Schimmelpilze bildet nur wenige Mikrometer große Sporen, die bei einigen Spezies in großer Zahl von den Kolonien in die Umgebungsluft abgegeben werden können. Diese Sporen stellen aufgrund ihrer molekularen Oberflächeneigenschaften relativ starke Allergene dar. Sie sind wegen ihrer geringen Größe von wenigen 1000stel mm in Luft sehr gut schwebfähig. Sie können tief in die Lungen (-Alveolen) eingeatmet werden. Und dort ihre allergisierende / sensibilisierende Wirkung entfalten.
Schimmel und Gesundheit: Als in besonderem Maße durch allergisierende Wirkungen von Schimmelpilzen im Innenraum gefährdet gelten für Allergien empfängliche Menschen (Atopiker) und gegen Schimmelpilze sensibilisierte Allergiker. Auch immungeschwächte Menschen und alte und kranke Personen sowie Kleinkinder. Bei entsprechender Exposition gegenüber erhöhten Schimmelpilz-Konzentrationen kann man aber auch ohne jegliche Prädisposition an der Lunge oder an den Atemwegen erkranken sowie Allergien entwickeln.
1.2 Schimmel und Gesundheit: Infektionen
Infektionen durch Schimmelpilze im Innenraum treten vergleichsweise selten auf, weil nur sehr wenige Schimmelpilze überhaupt in der Lage sind, das menschliche Immunsystem zu überwinden und eine Infektion herbeizuführen. Dies liegt u.a. an den für die meisten Schimmelpilze nicht zuträglichen hohen Kerntemperaturen des Wirtes (Mensch). Am häufigsten von Pilzinfektionen betroffen sind gesundheitlich erheblich Vorbelastete. Und insbesondere dabei am Immunsystem erkrankte Personen und alte Menschen. Von einem Befall z.B. der Bronchien betroffen sind sehr häufig Asthmatiker und Allergiker bzw. Atopiker. Infektionen durch Schimmelpilze können eine ernste Gesundheitsbedrohung darstellen. Auch zur Auslösung einer Infektion ist eine bestimmte Dosis aufgenommener Sporen erforderlich. Infektiöses und Pilze der Risikogruppe 2 kommen an Befallsstellen in Innenräumen, wie z.B. Tapeten und Putz, normalerweise nicht zum Wachstum.
1.3 Schimmel und Gesundheit: Toxische Wirkungen
Toxische Wirkungen durch Einatmen von Schimmelpilzen und Bakterien sind bisher im Vordergrund beim Schimmeltest an sehr hoch mikrobiell belasteten Arbeitsplätzen beschrieben. Wie z.B. in der Abfallwirtschaft und in der Landwirtschaft. Sie können sich z.B. in Form von Entzündungen der Augen und der oberen Atemwege äußern. Auch Bakterien können Toxine bilden, die eine Gefährdung für die Gesundheit bedeuten können (z.B. Clostridien). Bedeutung für „normalexponierte“ Menschen erlangen mikrobiell gebildete Toxine aber vorzugsweise im Falle einer oralen Aufnahme mikrobiell kontaminierten Materials (z.B. verschimmelte Lebensmittel).
Einige gemeinhin als „befallstypisch für Innenräume“ bezeichnete Schimmelpilze bilden im (Sekundär-) Stoffwechsel toxische Verbindungen. Wie z.B. solche Pilze, die gut auf feuchten Tapeten wachsen, aber auch auf nassen Kunststoff-Estrichdämmungen zur Vermehrung kommen können. Die Toxine können beim Menschen nach oraler Aufnahme in größeren Mengen Organschädigungen oder Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Solche Pilze werden im Bereich der Sachverständigenpraxis immer wieder in völlig unseriöser Weise als für Menschen gefährliche „Giftpilze“ stigmatisiert.
Hierzu ist zu sagen, dass die betreffenden Schimmelpilze im luxurierenden (Überschuss-) Stoffwechsel zwar tatsächlich toxische Verbindungen synthetisieren können. Pilztoxine werden aber in den vegetativen Pilzmyzelzellen synthetisiert und von diesen in das besiedelte Substrat ausgeschieden, quasi „weggeworfen“. Toxine sind für den Erzeuger nämlich selbst giftig. Bedeutung erlangen diese Toxine nur im Falle einer Aufnahme pilzbefallenen Materials (v.a. verschimmelte Lebensmittel).
Pilzsporen enthalten nur sehr geringe Mengen an Toxinen, weshalb Toxinwirkungen beim Menschen durch luftgetragene Schimmelpilze allenfalls nach Aufnahme enorm großer Mengen an Sporen und Pilzzellbruchstücken denkbar sind. Für Bewohner in normal genutzten Innenräumen ist soetwas rein hypothetisch. Nur sehr wenige Pilze sind dafür bekannt, dass sie beim Menschen nach dem Einatmen von Sporen in „realistischen Konzentrationen“ Symptome entfalten können, die einer Vergiftungserscheinung ähneln (ODTS). Ein Beispiel ist die thermotolerante Spezies Aspergillus fumigatus, wobei dieser Pilz allerdings hohe Temperaturen für ausgeprägtes Wachstum benötigt und beim Schimmeltest an Befallsstellen normalerweise nicht anzutreffen ist.
1.4 Schimmel und Gesundheit: Reizungen
Flüchtige (= gasförmige) organische Stoffwechselprodukte (VOC) von Pilzen werden von einigen „Schimmelpilzexperten“ immer wieder als Verursacher gesundheitlicher Beeinträchtigungen (Reizungen, Irritationen) ins Spiel gebracht. Beispielsweise wenn keine sichtbaren Schimmelpilzbefallsstellen vorhanden sind und verdeckt wachsende Schimmelpilzquellen vermutet werden. Und zur „Gefährlichkeit“ verdeckter Schimmelbildungen ist überdies Folgendes zu sagen:
Nach derzeitigem Erkenntnisstand werden ausschließlich partikuläre (= feste) Schimmelpilzbestandteile als mögliche Verursacher von Erkrankungen beim Menschen angesehen. Können partikuläre Pilzbestandteile von Schimmelpilzen, also Zellen, Sporen und Bruchstücke davon oder Toxine, nicht in die Raumluft gelangen und eingeatmet werden, weil die Pilze verdeckt unter Wandbelägen und –anstrichen, unter einem Verputz oder in gegen die Raumluft abgedichteten Dämmungen wachsen, fehlt die für Allergien und Infektionen erforderliche Noxe. Toxische Wirkungen durch verdeckte Schimmelpilzschäden sind ebenfalls nicht möglich, da auch Toxine überwiegend pilzpartikel- und substratgebunden vorliegen. Verdeckt wachsende Schimmelpilze ohne die Möglichkeit zur Abgabe von pilzpartikulären Bestandteilen in die Raumluft kommen definitiv weder für allergische Erkrankungen noch für toxische Wirkungen und Infektionen in Betracht.
1.5 Schimmel und Gesundheit: die MVOC-Thematik
Gasförmige Stoffwechselprodukte (MVOC) von Schimmelpilzen sind tatsächlich als mögliche Verursacher von Reizungen und Schleimhautirritationen denkbar, doch werden deren Konzentrationen für solche Wirkungen beim Menschen – zumindest bisher – als viel zu gering erachtet. Die MVOC-Konzentrationen liegen beim Schimmeltest i.d.R. bei einem 1000stel, maximal nahe eines 100stels der Reizkonzentrationen, die für die meisten typischen (nicht-mikrobiellen) Problem-VOC-Substanzen in Innenräumen ausgewiesen sind. MVOC kommen nach Ansicht von Toxikologen als krankheitsauslösendes Moment nur in sehr wenigen Ausnahmefällen in Betracht.
Dass abgestorbene Schimmelpilzbiomasse grundsätzlich noch lange Zeit vom Menschen wahrnehmbare oder sogar gesundheitsgefährdende Mengen an MVOC freisetzen kann, wird bei Fragen zu Schimmel und Gesundheit von einigen „Schimmelexperten“ zwar ebenfalls immer wieder behauptet. Naturwissenschaftliches Grundverständnis sagt aber ganz klar, dass andauernde, relevante MVOC-Freisetzungen durch, ausgetrocknete, völlig tote Pilzbiomasse, die sich z.B. in einer Estrichdämmung befindet, schlichtweg nicht möglich sind. Lange Zeit nach Austrocknung von Pilzzellbiomasse ist beim Schimmeltest mit relevanten Emissionen gasförmiger mikrobieller Metabolite definitiv nicht zu rechnen.
Pilzkolonien können nicht mehr an Masse in die Luft abgeben (sublimieren), als sie an Trockensubstanz aufweisen. Das Trockengewicht der Schimmelpilzbiomasse liegt selbst bei großen Schäden aber allenfalls im Milligrammbereich.
2. Der Schimmelpilz-Leitfaden des UBA
Das Umweltbundesamt (UBA) hat im Jahre 2002 den ersten „Schimmelpilzleitfaden“ herausgegeben, in dem die seinerzeit vorliegenden Erkenntnisse zum Thema „Schimmelpilzbefall im Innenraum“ zusammenfassend dargestellt wurden. Beim Schimmelpilzleitfaden des UBA handelt es sich auch in der 2017 aktualisierten Version noch immer um eine „Literatur- und Erfahrungswertzusammenstellung“ Einzelner, die in der Praxis immer wieder überschätzt wird. Sie wird einem als verbindliches Technisches Regelwerk verkauft, das vorgibt, wann, wo und wie Schimmelpilzuntersuchungen genau durchgeführt werden müssen und wie man als Gutachter Messergebnisse zu bewerten hat. Der „Schimmelpilzleitfaden“ des UBA schlägt auch in der aktuellen Version (2017) auf der Basis der flächigen Ausdehnung drei Kategorien zur Einstufung der Schwere einer Belastung von Materialien mit Schimmelpilzen vor.
Kategorie 1: Schadensfläche < 20 cm2; keine oder sehr geringe Biomasse
Kategorie 2: Schadensfläche < 0,5 m2; mittlere Biomasse
Kategorie 3: Schadensfläche > 0,5 m2; große Biomasse
Gemäß dieser Schadenskategorisierung fallen beim Schimmeltest also Schimmelbefallsflächen ab 0,5 m2 in die (höchste) Kategorie 3 „große Befallsfläche“. Schimmelpilzbefall der Kategorie 3 birgt nach UBA ein Gesundheitsrisiko und muss im Sinne des Minimierungsgebots zur Vorbeugung von Gesundheitsbeeinträchtigungen damit von einer Fachfirma beseitigt werden.
Das UBA weist zum Thema Schimmel messen und Gesundheit in seinem „Schimmelpilzleitfaden“ zwar darauf hin, dass die flächenbasierte Bewertung eines Schimmelschadens nicht immer als Absolutwert herangezogen werden kann. Sondern beim Schimmeltest immer der „Einzelfall und ggf. besondere Umstände“ zu prüfen sind. In der Praxis wird dieser Hinweis beim Schimmeltest aber immer wieder ignoriert und die 3-stufige Flächenbewertung irreleitend und nicht selten missbräuchlich im Sinne einer Andienung von Spezialdienstleistungen als Bewertungsbasis für die Schwere eines Schimmelschäden benutzt.
3. Richtige Bewertung eines Schimmelschadens
Das Flächenkriterium gemäß UBA wird vom Labor Dr. Missel als einziges Kriterium bei Fragen nach Schimmel und Gesundheit grundsätzlich nicht empfohlen. Seriöse Aussagen über die konkrete Gefährdung des Einzelnen (= Risiko) in Wohnräumen durch Schimmelbefall sind nur bei Berücksichtigung aller relevanten Randfaktoren wie z.B. der Befallsfläche, –dichte und –tiefe, den baulichen Gegebenheiten des schimmelgeschädigten Objekts oder der Art und Dauer der Nutzung der betroffenen Räumlichkeiten durch die Bewohner / Benutzer möglich. Schimmelschäden sollten nach Auffassung des Unterzeichners beim Schimmeltest immer nach einem umfassenden Kriterienkatalog bewertet und Maßnahmen nach entsprechender Sichtung für jeden Einzelfall festgelegt werden.
Zur Beurteilung, wie mit einem Schimmelpilzschaden in einem Innenraum umzugehen ist und um Aussagen treffen zu können, ob gesundheitliche Risiken durch den Schimmel gegeben sein könnten oder eher nicht, sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden.
- Fläche der pilzlichen Biomasse
- vorhandene Pilzspezies (starke Sporulierer ↔ schwache Sporulierer)
- Dichte der Pilzbiomasse (früher Befall ↔ ausgewachsener Befall)
- Aktivität der vorhandenen Pilze (vital ↔ ausgetrocknet)
- Aktuelle und künftig zu erwartende Feuchtigkeit des befallenen Bauteils
- Lokalisation des Schimmelschadens im Objekt (verdeckt / offen)
- Vorhandensein von Mikroorganismen der Risikogruppe II
- Gesundheitszustand / gesundheitliche Vorbelastung der Bewohner
- Schadenshistorie: Dauer der Schimmelprobleme / der Exposition
- Tiefe des mikrobiellen Befalls (nur bei Sanierungsplanung)
4. Schimmel und Gesundheit beim Schimmeltest
4.1 Schimmel heißt nicht gleich auch Gesundheitsgefahr
Bei Problemen mit Schimmel in der Wohnung werden von „Schimmelexperten“ auch heute noch die sehr engen Belastbarkeitsgrenzen stichpunkthaft erhobener Expositionsdaten überhaupt nicht gesehen. Angebliche „Fachexpertisen“ lassen den Eindruck entstehen,
- Schimmelpilz würde sich nur in Wohnungen an feuchten Bauteilen vermehren können, und
- Schimmelpilze in der Raumluft könnten schon an sich einem Schimmelschaden am Bauteil zugeordnet werden, und
- Schimmelbefall könne generell einer akuten Gesundheitsgefährdung gleichgesetzt werden.
Dass im Zuge einer normalen Wohnungsbenutzung jederzeit beträchtliche Schimmelpilzfreisetzungen auftreten können, die nicht mit dem Wohnraum bzw. dem Gebäude in Zusammenhang stehen und sich beim Schimmeltest – vor allem quantitativ, teils aber auch qualitativ – überhaupt nicht oder nur schwer von einem „hygienerelevanten“ Schimmelbefall an Bauteilen unterscheiden lassen, bleibt oft unbeachtet. Den Ergebnissen eigener systematischer Untersuchungen zufolge kann es z.B. bei der alltäglichen Abfallhandhabe im privaten Haushalt zur Exposition gegenüber Bioaerosolen kommen, die 106, unter bestimmten Umständen bis 107 lebensmittelverderbende Schimmelpilze/m3, die meisten davon der als „Bauteil-befallstypisch“ bekannten Gattungen Penicillium und Aspergillus, enthalten.
4.2 Schimmel messen und Hygiene beurteilen
Die klassische „Schimmelmessung“ ist ungenau
Schimmelpilze sind immer und überall vorhanden und reichern sich in jedem Haus im Laufe der Zeit im Hausstaub an. Hausstaub kann jederzeit wieder aufgewirbelt werden, was das Ergebnis beim Schimmeltest – je nach Schimmelpilzgehalt des Staubes und Ausmaß der Aufwirbelungen – mehr oder weniger stark beeinflusst. Die Schimmelpilzbelastung außen ist jahreszeitlichen großen Schwankungen unterworfen und die lüftungsbedingten Sporeneinträge von außen nach innen damit ebenfalls. Nicht nur die kurzfristige, auch die mittel- und langfristigen Varianzen der Schimmelpilzbelastung eines Wohnraumes sind beim Schimmeltest daher beträchtlich.
Wichtigstes und entscheidendes Kriterium bei der Beurteilung der Hygienesituation in Innenräumen durch Schimmel messen ist generell die Atemluftqualität. Die Schimmelmessung für die Luft hat – verglichen z.B. mit Messverfahren für chemische Luftverunreinigungen – allerdings verhältnismäßig geringe Messgenauigkeiten aufzubieten. Ausgeprägte zeitliche Konzentrationsschwankungen, zu denen in Wohnungen mit mehreren Räumen i.d.R. auch eine ausgeprägte räumliche Varianz hinzukommt, erschweren die Feststellung und Bewertung der Hygienesituation in einem Innenraum anhand einer Schimmelmessung zusätzlich.
Terminus Gesamthygienische Relevanz
Bei einer erfahrungswertbasierten Betrachtung wird vom Unterzeichner als „gesamthygienisch irrelevanter mikrobieller Schaden“ ein Schimmelbefall eingestuft, bei dem ein Innenraum, der den zur Disposition stehenden mikrobiellen Schaden aufweist, lange und beliebig oft gemessen werden kann, ohne dass sich statistisch gesichert ein Unterschied der Schimmelbelastung zu diesem Raum, wäre er ohne diese Schimmelpilzquelle, feststellen ließe. Liegt demgegenüber ein Schaden mit „gesamthygienischer Relevanz“ vor, bedeutet dies, dass der Schimmelbefall die Luftsporenkonzentrationen mit einiger Wahrscheinlichkeit signifikant und somit beim Schimmeltest „realmesstechnisch erfassbar“ erhöhen wird.
In letzterem Fall greift das Minimierungsgebot, was bedeutet, dass möglichst sofortige Maßnahmen zu ergreifen sind, die eine völlige Beseitigung der Schimmelquellen vorsieht (i.d.R. möglich) oder zumindest eine Reduzierung der Schimmelpilzquelle auf eine „gesamthygienisch irrelevante“ Quelle in Aussicht stellt (bei vielen Wasserschäden mit überfluteten Fußböden das Besterreichbare). Geringfügige „qualitative Einflüsse“ (= Auswirkungen auf das detaillierte Schimmelpilzspektrum, wie z.B. 150 KBE Penicillium chrysogenum /m3 innen mehr als außen) werden beim Schimmeltest generell toleriert, sofern diese mikrobiellen Einflüsse gegenüber den „normalen“ mikrobiellen Hintergrundbelastungen im Innenraum kein erhöhtes gesundheitsgefährdendes Potenzial aufweisen (Risikogruppe 1 – Mikroorganismen).
Relevanzbeurteilung durch Sichtung
Für den Unterzeichner gilt die folgende bewährte Faustregel: einen intensiven Schimmelpilzbefall an der Wand, der eine gesamthygienische Relevanz aufzubieten haben könnte, muss man grundsätzlich mit bloßem Auge anhand entsprechender Verfärbungen eindeutig als solchen erkennen können. Erklärt wird dies durch die dunkel pigmentierten Sporen, die von Schimmelpilzkolonien mit der Zeit gebildet werden und mit denen ältere Kolonien in großen Massen behaftet sind. Diese kann man beim Schimmeltest auch ohne Mikroskop, sondern mit bloßem Auge sehen. Auch die Möglichkeit des Vorhandenseins eines intensiveren bakteriellen Bewuchses lässt sich im Regelfall mit bloßem Auge einschätzen. Was allein schon damit erklärt werden kann, dass ein Bakterienbewuchs nur bei sehr hohen Feuchtigkeitslasten am Bauteil möglich ist, was sich durch entsprechende Verfärbungen und ggf. substanzielle Bauteilveränderungen bzw. Salzeffloreszenzen zu erkennen gibt.
„Key-Facts“ bei der Sichtung eines Schimmelbefalls
Eine Einschätzung der hygienischen Relevanz eines Schimmelpilzbefalls am Bauteil durch sachverständigen Augenschein ist allerdings möglich, sofern Sichten im Detail möglich ist und die vorhandenen Pilze / Mikroorganismen zumindest ihrer Gruppe nach qualifiziert werden können. Für eine Einschätzung der hygienischen Relevanz durch Augenschein werden mindestens diese Informationen benötigt:
- gesamte Fläche des Schimmelpilzschadens
- vorhandene Pilzspezies (starke Sporulierer ↔ schwache Sporulierer)
- Dichte der Pilzbiomasse (früher Befall ↔ ausgewachsener Befall)
Bild 1: Massiv Sporen bildender „bunter“ Penicillium-Schimmelpilz |
Bild 2: Dieser Cladosporium-„Schwärzepilz“ bildet keine leicht luftgängigen Sporen |
5. Schimmelbefall und Schimmeltest
Das konkrete Risiko, das ein bestimmter Schimmelpilzbefall für den Einzelnen birgt, kann allenfalls durch den behandelnden Arzt beurteilt werden. Ob eine hygienische Relevanz bei einem Schimmelbefall gegeben ist und dadurch (theoretisch) eine Gesundheitsbeeinträchtigung möglich sein könnte, ergibt sich maßgeblich aus dessen Art, der Befallsfläche, der Bewuchsdichte und der momentanen Aktivität der Pilzbiomasse in Bezug auf die Sporenabgabe in die Innenraumluft. Genau diese vier entscheidenden Eckpunkte kann man mit dem Schimmelpilztest MYKOFUND klären https://www.advisan.net/schimmelpilztest-mykofund/. Zur Einschätzung der hygienischen Relevanz und des Risikos möglicher gesundheitlicher Wirkungen eines Schimmelbefalls werden folgende Informationen benötigt:
- ist Schimmel gewachsen oder handelt es sich um Verfärbungen oder Schmutz?
- wie intensiv ist der Schimmelbefall momentan?
- handelt es sich um stark starke Sporulierer oder um weniger kritische Gattungen / Biofilme?
- bildet der Schimmel Massen an Sporen oder liegt noch ein vegetatives Frühstadium vor?
- ist vielleicht ein schon toter Altschaden vorhanden oder ist der Schimmel aktiv?
- sind die frischen und älteren Hausstäube schon mit Sporen kontaminiert?
Bereits 2002 wurde dieser Schimmelpilztest vom Labor für Arbeits- und Umwelthygiene Dr. Missel entwickelt. Der Schimmeltest gehört damit eindeutig zu den am längsten am Markt befindlichen Verbrauchertests https://www.schimmelpilz-messungen.de/2018/11/07/testen-und-messen-von-schimmel-aktuelle-verfahren-schimmeltest/.
Der bewährte Schimmeltest beinhaltet die Laborauswertung und die Berichterstellung. Im Einzelnen beinhaltet ein Schimmeltest-Kit die folgenden sieben mikrobiologischen Einzelprüfungen:
– zwei Abklatschproben zur Messung der Wand auf einen Schimmelbefall
– eine Abklatschprobe zur Schimmelmessung am frischen Hausstaub z.B. auf einem Tisch
– 1 Tesafilm-Kontaktprobe zur Mikroskopie des Schimmels an der Wand
– eine Tesafilm-Kontaktprobe zur Mikroskopie älteren Hausstaubs z.B. auf einem Schrank
– 2 Sedimentationsplatten zur orientierenden Prüfung der momentanen Luftqualität
Anmerkung:
Der Autor ist bei der IHK Hannover Öffentlich bestellt und vereidigt als Sachverständiger für Schimmelpilze und Feuchtigkeit in Innenräumen. Dr. Thomas Missel ist Mikrobiologe und hat am Institut für Tierhygiene der Tierärztlichen Hochschule Hannover promoviert. Er ist seit 1998 als Gutachter im Fachbereich Hygiene nicht nur in Hannover und Niedersachsen, sondern deutschlandweit tätig.