Bakterien und Endotoxine in Autowaschanlagen messen

Biostoffverordnung und Arbeitssschutz in Fahrzeugwaschanlagen

Es ist bekannt, dass kreislaufgeführtes Waschwasser in Fahrzeugwaschanlagen einer erheblichen Verkeimung unterliegen kann. In Arbeitsbereichen mit verstärkter Aerosolbildung ist eine Gefährdung der Gesundheit exponierter Mitarbeiter durch Bakterien und Endotoxine in Autowaschanlagen möglich. Bei der Hochdruckreining mit kreislaufgeführtem Brauchwasser in Waschanlagen handelt es sich um einen nicht gezielten Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen. Für diesen ist gemäß Biostoffverordnung zum Schutz der Beschäftigten eine qualifizierte Gefährdungsbeurteilung erforderlich.

Kreislaufgeführtes Brauchwasser – Bakterien und Endotoxine in Autowaschanlagen

Nicht nur natürliche Wasservorkommen, auch Wasserinstallationen und technische Anlagen sind Lebensraum für die verschiedensten Mikroorganismen. Im Medium Wasser stehen i.d.R. Bakterien im Vordergrund, aber auch Schimmelpilze können hier wachsen und sich vermehren. In verschmutztem Wasser wie z.B. in Wasserreservoirs von Abwasseraufbereitungsanlagen kann es – insbesondere bei längeren Aufenthaltszeiten – zur starken Vermehrung der Mikroorganismen kommen. Dies betrifft nicht nur Anlagen wie z.B. solche zur Klärung von kommunalem Abwasser, das naturgemäß viel löslichen Kohlenstoff und sehr große Mengen an Bakterien enthält. Auch Fahrzeugwaschanlagen oder mobile Reinigungsfahrzeuge wie z.B. zur Abfalltonnenspülung gehören dazu. Schließlich haben Schmutzanhaftungen an Fahrzeugen, Maschinen und Abfallsammelgefäßen im Regelfall einige Organik aufzubieten. Diese kann sich durch den Waschvorgang lösen und steht damit Bakterien und Pilzen zu ihrer Vermehrung zur Verfügung.

 

Bild 1: Bioaersolbildung bei der mobilen Abfalltonnenreinigung

 

Welche Faktoren haben Einfluss auf den Verkeimungsgrad des Brauchwassers?

Kreislaufgeführtes Waschwasser in Fahrzeugwaschanlagen kann bekanntermaßen erheblich mit Mikroorganismen belastet sein (Lit.). Die Höhe der mikrobiellen Belastung kreislaufgeführten Wassers durch Bakterien und Endotoxine in Autowaschanlagen ist abhängig von sehr vielen Parametern: Neben der eigentlichen Aufbereitungstechnik gehören dazu die Wassertemperatur, die Art und die Dosierung von antimikrobiellen Zusätzen sowie Betriebs- und Stillstandszeiten. Erfahrungsgemäß haben auch die Art der Verschmutzung der gereinigten Fahrzeuge, die Betriebsgewohnheiten bei der Reinigung und Wartung der Aufbereitungsanlage sowie die allgemeine Hygiene innerhalb des jeweiligen Betriebes großen Einfluss auf die Verkeimung des Brauchwassers. Das in aufbereitetem Waschwasser vorherrschende Keimspektrum ist äußerst variabel und reagiert u.U. empfindlich auf die vorgenannten Betriebsparameter.

 

Bild 2: Bioaersolbildung in einer Maschinenreinigungsanlage

 

Neben relativ harmlosen, im alltäglichen Lebensumfeld des Menschen weit verbreiteten Mikroorganismen, die ihren natürlichen Standort z.B. im Boden haben und auch in „normalem“ Hauskehricht zu finden sind, kann es in Fahrzeugwaschanlagen auch zur Vermehrung von pathogenen Mikroorganismen wie z.B. bestimmten Enterobakterien und Pseudomonaden oder von Legionellen kommen (Lit.). Diese Mikroorganismen sind auch in Sprühnebeln und Aerosolen enthalten, die sich beim Waschprozess bilden und weiträumig verteilen können. Mitarbeiter, die sich in Bereichen mit Sprühnebelbildung aufhalten, können mikrobiell belastete Aerosole nicht nur einatmen. Auch eine Aufnahme durch Haut-, Schleimhaut- und ggf. durch Wundkontakt ist möglich. Durchfeuchtete Arbeitskleidung und feuchtes Milieu in Handschuhen oder Stiefeln können zu Hautaufweichungen führen, wodurch die Aufnahme in den Körper begünstigt wird.

Wie sind Keimbelastungen im Brauchwasserbereich hygienisch zu bewerten?

Eine technisch basierte Richtkonzentration für maximal zulässige Mikroorganismen-Konzentrationen entsprechend dem TKW der TRBA 214 gibt es für Arbeitsplätze in Fahrzeugwaschanlagen nicht (siehe auch https://www.schimmelpilz-messungen.de/2017/06/22/schimmelpilze-am-arbeitsplatz-messen-und-technischer-kontrollwert-tkw/). Dies liegt u.a. darin begründet, dass Bioaerosole in diesen Anlagen sehr deutlich von Bakterien dominiert werden und es bisher kein adäquates Messverfahren für austrocknungsempfindliche Bakterien in der Luft gibt. Der TKW kann aber – zumindest was sensibilisierend wirkende biologische Arbeitsstoffe in der Luft angeht – als Vergleichswert zur hygienischen Beurteilung der Arbeitsplatzsituation mit Mikroorganismen der Risikogruppe 1 (nicht infektiös) herangezogen werden.

 

Bild 3: Bioaerosolbildungen und Endotoxinmessung in einer Fahrzeugwaschalage

 

Worauf ist das Hauptaugenmerk bei der Gefährdungsbeurteilung zu richten?

Analog zur Gefährdungsbeurteilung für abwassertechnische Anlagen ist davon auszugehen, dass das Hauptaugenmerk bezüglich Gefährdung durch Bakterien und Endotoxine in Autowaschanlagen auf

  1. die orale Aufnahme auf Grund von Hygienefehlern (Schmierinfektion),
  2. das Einatmen mikrobiell belasteter Aerosole,
  3. das Eindringen von Infektionserregern über vorgeschädigte bzw. verletzte Haut oder über die Augenschleimhaut und
  4. das Verschlucken von keimbelastetem Spritzwasser

zu richten ist. Es ist zu vermuten, dass es sich bei den Bakterien, die bei einem Fahrzeugwaschvorgang aus dem Brauchwasser in die Luft übergehen und maßgeblich bei der Bioaerosolbildung sind, um die gleichen Spezies handelt, die auch im Waschwasser vorhanden sind. Bis zum Erhalt gegenteiliger Informationen kann davon ausgegangen werden, dass wie in abwassertechnischen Anlagen die Zahl vitaler Infektionserreger in den einatembaren Aerosolen nicht groß genug ist, um eine unmittelbare Erkrankung durch Infektion auszulösen.

Mit welchen Mikroorganismen ist zu rechnen?

Mit einiger Zurückhaltung lässt sich aus den von bisherigen Messungen in Autowaschanlagen zur Verfügung stehenden Messdaten schließen, dass die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Hochdruckreinigung in Waschanlagen

  • bezüglich Bakterien in der Größenordnung von abwassertechnischen Anlagen und Fahrzeugwaschanlagen (beide Schutzstufe 2) liegt,
  • bezüglich Endotoxinen (= Bruchstücke gramnegativer Bakterien wie z.B. E. coli) mit der Gefährdung in landwirtschaftlichen Betrieben vergleichbar ist und
  • bezüglich Schimmelpilzen vernachlässigbar ist.

Es muss hier herausgestellt werden, dass eine objektive Gesamtbeurteilung der Infektionsgefährdung nicht möglich ist, da es zur Zeit noch kein Verfahren gibt, mit dem eine mögliche Gefährdung wie bei den chemischen Gefahrstoffen mit Hilfe von Grenzwerten quantitativ analysiert werden könnte und es nicht möglich ist, aufgrund einzelner Messergebnisse auf die generelle mikrobielle Zusammensetzung kreislaufgeführten Wassers zu schließen.

 

Literatur:

ANONYM: Ergebnisbericht der mikrobiologischen Untersuchungsreihen von Betriebswasser in Fahrzeugwaschanlagen (Juli 2003). Fachausschuss Maschinenbau Fertigungssysteme Stahlbau (FA MFS) der Süddeutschen Metall-BG, Mainz

ANONYM: Bek. des BMA vom September 2013: Die TRBA 220: Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen. Bundesarbeitsblatt

ANONYM: Handlungshilfe zur Umsetzung der Biostoffverordnung – Fahrzeugwaschanlagen (Oktober 2000). BG Verkehr (ehem. BG für Fahrzeughaltungen) Hauptverwaltung Hamburg

Treder, W., Tilkes, F. und Eikmann, T. (2001). Mikrobiologische Befunde aus Untersuchungen von Autowaschkabinen. Umweltmed Forsch Prax 6(1) 2001, S. 33 – 41